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Schutzschirmverfahren als Instrument zur Sanierung und Bilanzoptimierung in der Eigenverwaltung

21. Mai 2025

Mittelständische Unternehmen sehen sich zunehmend mit hohen Finanzierungskosten, wachsenden Verbindlichkeiten und gestörten Zahlungsströmen konfrontiert. In vielen Fällen ist das operative Geschäft weiterhin tragfähig, jedoch liegen die Risiken in der Bilanzstruktur, der Schuldenlast und der mangelnden Flexibilität in der Liquiditätsplanung. Wenn keine Zahlungsunfähigkeit besteht, aber bereits erhebliche wirtschaftliche Spannungen sichtbar sind, bietet das Schutzschirmverfahren einen rechtlich gesicherten Rahmen, um unter eigener Führung eine Sanierung umzusetzen, bevor Fremdsteuerung droht.

 

Das Schutzschirmverfahren ist kein Kriseninstrument, sondern ein strategisches Werkzeug

 

Ist das Schutzschirmverfahren das Richtige für Sie?

Ja, wenn Sie:

  • Noch nicht zahlungsunfähig, aber deutlich unter Druck sind.
  • Ihre Bilanzstruktur bereinigen und Eigenkapital aufbauen wollen.
  • Verbindlichkeiten restrukturieren möchten – mit Gläubigerbeteiligung, aber ohne Kontrollverlust.
  • Gläubigerschutz benötigen, aber das operative Geschäft aktiv weiterführen wollen.
 

Worauf Sie unbedingt achten müssen:

  • Das Verfahren ist nur bei drohender, nicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit möglich.
  • Eine qualifizierte Bescheinigung eines insolvenzerfahrenen Dritten ist zwingend notwendig.
  • Sie benötigen eine belastbare Liquiditätsplanung und einen vorläufigen Sanierungsplan.
  • Ohne strategische Kommunikation mit Gläubigern, Banken und Mitarbeitern ist der Erfolg gefährdet.

 

Das Wichtigste auf einen Blick

 

Was ist das Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO ist ein gerichtlich überwachtes Sanierungsverfahren, das ausschließlich vom Unternehmen selbst beantragt werden kann. Es dient dazu, unter Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen innerhalb von maximal drei Monaten einen Insolvenzplan zu erarbeiten – ohne dass die operative Kontrolle abgegeben werden muss.

Das Ziel: Gläubigerforderungen strukturiert zu regulieren, die Bilanz zu sanieren und das Unternehmen auf einen stabilen, tragfähigen Kurs zu bringen – ohne Liquidation und ohne Insolvenzverwalter.

 

Wie läuft das Verfahren ab?

Nach Antragstellung gewährt das Gericht dem Unternehmen einen Schutzzeitraum von bis zu drei Monaten, in dem es nicht vollstreckt werden darf. Begleitet wird das Verfahren von einem vorläufigen Sachwalter, der nicht operativ eingreift, sondern rechtlich prüft und dokumentiert.

Voraussetzung ist eine detaillierte Eigenverwaltungsplanung, die unter anderem folgende Punkte enthalten muss:

  • Vollständige Gläubigerliste
  • Detaillierte Liquiditätsplanung
  • Grobstruktur des geplanten Sanierungskonzepts
  • Bescheinigung eines fachkundigen Dritten über die Sanierungsfähigkeit

 

Was unterscheidet das Schutzschirmverfahren von der klassischen Eigenverwaltung?

Die klassische vorläufige Eigenverwaltung (§ 270b InsO) kann auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit beantragt werden und ist administrativ weniger aufwendig. Sie bringt jedoch nicht dieselbe außenwirksame Schutzwirkung mit sich.

Das Schutzschirmverfahren hingegen:

  • Ist nur präventiv einsetzbar, d. h. vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit.
  • Erfordert eine Qualitätsbescheinigung durch einen insolvenzerfahrenen Berater.
  • Wirkt vertrauensbildend – besonders bei Banken, Kreditversicherern und Großgläubigern.
  • Bietet eine gerichtlich geschützte Verhandlungsphase, bevor ein offizielles Insolvenzverfahren eröffnet wird.

 

Welche bilanztechnischen Vorteile entstehen konkret?

Das Schutzschirmverfahren ist nicht nur ein Kriseninstrument, sondern ein strategisches Bilanzwerkzeug. Besonders im Mittelstand können durch gezielte Forderungsverzichte und bilanzielle Anpassungen erhebliche Effekte erzielt werden.

Konkret:

  • Verbindlichkeiten aus Lieferungen, Darlehen oder Steuern werden häufig zu Quotenforderungen umgewandelt (oft unter 20 %). Der Rest wird als Forderungsverzicht gebucht – das erhöht das Eigenkapital unmittelbar.
  • Keine Tilgungs- oder Zinszahlungen während der Schutzfrist – dadurch steigt die kurzfristige Liquidität.
  • Die Eigenkapitalquote verbessert sich oft signifikant – was die Verhandlungsposition gegenüber Banken und Geschäftspartnern stärkt.
  • Nachrangige Forderungen, z. B. Mezzanine-Kapital, können vollständig gestrichen werden, ohne dass daraus steuerliche Belastungen entstehen – unter der Voraussetzung rechtzeitiger Abstimmung mit den zuständigen Finanzbehörden.

Mittelstandstipp:

Nutzen Sie das Verfahren zur strategischen Neuaufstellung Ihrer Bilanzstruktur – insbesondere durch:

  • Planbilanzen mit Variantenvergleichen
  • Frühzeitige Kommunikation mit Kreditgebern
  • Kündigung oder Anpassung verlustreicher Dauerschuldverhältnisse (z. B. Mietverträge, Leasing, Pensionszusagen)

 

Wie greifen Sachwalter und Gläubiger konkret ein – und wo bleibt Ihre Kontrolle?

Anders als beim Regelinsolvenzverfahren bleibt die operative Steuerung vollständig beim Unternehmen. Der Sachwalter hat eine prüfende Funktion, aber keine Leitungsbefugnis.

Er greift nur ein bei:

  • Ungewöhnlich hohen Auszahlungen (z. B. an Gesellschafter)
  • Verkauf von Anlagevermögen
  • Verhandlungen mit einzelnen Großgläubigern
  • Abstimmung und Prüfung des Insolvenzplans

In vielen Verfahren wird zusätzlich ein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet. Typische Mitglieder:

  • Banken oder Kreditgeber
  • Große Lieferanten
  • Arbeitnehmervertreter
  • Sozialversicherungsträger
  • Öffentliche Gläubiger

Der Ausschuss wird vom Gericht bestellt, oft auf Vorschlag des Schuldners. In vertraulicher Abstimmung beurteilt er:

  • Die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Sanierungsplans
  • Die Quotenverteilung unter den Gläubigern
  • Den Fortführungskurs des Unternehmens

 

Fazit

Das Schutzschirmverfahren ist ein Sanierungsinstrument mit unternehmerischer Eigenverantwortung. Wer frühzeitig handelt, kann damit Schuldenstruktur, Liquidität und Bilanzqualität aktiv verbessern – ohne das operative Geschäft zu gefährden.

Das Institut für Mittelstandsberatung unterstützt Sie dabei mit über 25 Jahren Erfahrung und bietet mit dem „Digital CFO Service“ maßgeschneiderte Lösungen für Ihre Liquiditätsplanung, Liquiditätsprognose und die Entwicklung tragfähiger Sanierungsszenarien.

Bei weiteren Fragen zu Schutzschirmverfahren als strategisches Instrument zur Sanierung und Bilanzoptimierung in der Eigenverwaltung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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